Generative Künstliche Intelligenz ist seit dem Durchbruch von ChatGPT in aller Munde. Längst haben Jugendliche entdeckt, wie schnell sie damit lästige Hausaufgaben erledigen können. Doch auf diese Weise lernen sie ja nicht wirklich.
Dass grosse Sprachmodelle, sogenannte LLMs, aber durchaus das eigene Lernen unterstützen können, welche Möglichkeiten sich dabei geradezu anbieten und was es dabei zu beachten gilt, davon handelt dieser Blogpost.
Ausgangspunkt: Motivationsschreiben
Eine Lehrperson wünschte sich von mir einen KI-Workshop für ihre 2. Realklasse. In diesem Jahrgang starten die Vorbereitungen für die Berufswahl. Schnell wird klar, wir wollen die KI genau dafür nutzen und uns beim Erstellen des Motivationsschreibens von der KI helfen lassen.
Im Voraus befasste sich die Klasse bereits mit dem korrekten Erstellen eines Bewerbungsschreibens.
Der Workshop startete mit einer Einführung zu Künstlicher Intelligenz. Es ist wichtig, grundlegend zu verstehen, wie KI funktioniert, was sie kann und was eben nicht. Nur dann versteht man später, wieso die KI auf gewisse Prompts bessere Resultate liefert und beispielsweise «bitte» und «danke» einen Einfluss auf das Ergebnis haben können.
Themen des Basic-Inputs
- Was ist KI?
- Wie funktioniert ein generatives Sprachmodell?
- KI vs. Internet
- KI erzeugt Wahrscheinlichkeiten - nicht Wahrheiten
- Kann man KI-generierte Bilder erkennen?
- Wie kann man Quellen prüfen?
- Wie funktionieren maschinelles Lernen und neuronale Netzwerke?
- Warum darf man sensible, persönliche Daten nicht in eine KI eingeben?
- Tipps und Tricks zum Prompten
Danach konnten die SuS Schritt für Schritt lernen, einen Prompt aufzubauen, um ein passendes Motivationsschreiben zu erstellen.
Dabei erlebten sie, was die einzelnen Schritte bewirken und dass erste Resultate zwar schon recht gut klingen, es aber schon ein paar Tricks und Knowhow braucht, damit das Ergebnis wirklich passt.
Die Jugendlichen arbeiteten mit meiner Genial.ly-Präsentation, die sie individuell in ihrem Tempo steuern konnten.
Mit Klick auf Start kannst du die Präsentation selbst anschauen.
Wir testen mit verschiedenen LLMs:
ChatGPT (ohne Anmelden)
Copilot (im InPrivate-Fenster)
DuckDuckgo-AI
Fobizz-KI
erlaubt anonyme Zugriffe auf beliebte KI-Modelle, einschliesslich einer einfachen Version von ChatGPT 4o.
Erkenntnisse der Jugendlichen:
- Ich muss zuerst wissen, wie eine korrekte Bewerbung aussehen muss, um das Resultat beurteilen zu können. Es ist daher wichtig, dass wir das im Unterricht vorher besprochen haben.
- Schon das erste Resultat von ChatGPT und Co. auf eine rudimentäre Prompteingabe klingt schon recht ok. Der Unterschied zu sehr guten Resultaten wird erst klar, wenn ich der KI noch genauere Anweisungen gegeben habe und vergleiche.
- Das Durchlesen der jeweiligen Resultate ist für viele schwache Leser/innen bereits eine Herausforderung.
- Erfolgreiche KI-Nutzung, muss man üben. Nicht nur einmal.
Warum soll ich lernen, wenn die KI mir alles liefern kann?
Ein deutsches Doppel-S (ß) entlarvt den KI-Anfänger schnell. Fasziniert erkennen die Jugendlichen, dass es ein Vorwissen und Eigenleistung braucht, um erfolgreich mit der KI zu arbeiten.
Die KI kann halluzinieren und dabei weiterhin selbstbewusst Unwahrheiten behaupten. Schnell wird klar, wie ausgeliefert man ist, wenn man selbst gar nichts weiss und über zu wenig Medienkompetenz verfügt.
Jetzt ist der Moment da, um aufzuzeigen, wie KI gewinnbringend für das Lernen genutzt werden kann und wie man die Resultate überprüft.
Wir besprechen, welche Lernaufgaben im Moment bei den Jugendlichen gerade anstehen. Danach testen die SuS verschiedene Möglichkeiten mit den vorgeschlagenen Prompts, die sie auf dem Padlet finden.
KI für das Lernen nutzen
Auf dem Padlet können die SuS frei auswählen, welche Möglichkeit sie testen wollen, um die KI als Lernbuddy einzusetzen.
Nach einer halben Stunde treffen wir uns erneut und diskutieren ihre Erfahrungen bei dieser «KI-To-do-Challenge» (nach einer Idee von Peter Rigert). Die Aufgaben werden auf Post-its geschrieben und innerhalb eines Rasters aufgeklebt, das Qualität und Effizienz berücksichtig. Konnte die KI als Lernbuddy überzeugen?
Einblick in die gewählten Aufgaben:
- Auf einen RZG-Test lernen
- Voci einer Englisch-Unit üben
- Text verbessern
- Etwas (Past simple, Pythagoras...) einfacher erklären lassen
- Einen Text besser schreiben
- ...
Die Ergebnisse sind vielversprechend, wie Bild und Feedback verschiedener SuS zeigen:
«Ich bin sehr beeindruckt. Die KI hat mir bei der Testvorbereitung im RZG sehr gut helfen können. Ich habe ein Foto mit den Lernzielen hochgeladen, einen guten Prompt eingegeben und so hat es super geklappt.»
«Ich möchte unbedingt weiter mit der KI lernen, denn so habe ich immer jemanden, der mich abfragen kann.»
«Die KI kann mir schwierige Themen so erklären, dass ich es verstehe. Ich kann mehrmals nachfragen und es noch einfacher erklärt wünschen. Die KI verliert nie die Geduld.»
Fazit
Generative Text-KI bzw. grosse Sprachmodelle (Large Language Models) können das Lernen unterstützen. Aber es braucht Knowhow und Training - wie auch sonst beim Lernen.
Doch: Die KI ist gekommen, um zu bleiben. Es ist wichtig, dass wir ihre Funktionsweise kennen und zu unserem Vorteil nutzen können. An einer intensiven Förderung von Medienkompetenz kommen wir im Zeitalter von KI erst recht nicht mehr vorbei.
Wenn es uns gelingt, die Möglichkeiten generativer KI für das Lernen einzusetzen, ohne das Lernen selbst zu vernachlässigen, bietet KI mit ihrer "Geduld" und Verfügbarkeit hervorragende Chancen.
Beim Einsatz gilt, sich bewusst zu sein, dass KI nur Wahrscheinlichkeiten und keine Wahrheiten generiert, man daher jede Information prüfen muss und dass sensible, persönliche Daten in einer Eingabe nichts zu suchen haben.
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