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Selfie - Selbstdarstellung oder Beziehungspflege?

Der Bundesrat machts, sogar der Papst und die Cervelat-Prominenz sowieso: 

Selfies!

Welche Wirkung Selfies haben, welche Spezialkategorien es gibt und warum es sich lohnt, beim Einsatz von Selfies als Profilbilder gewisse Regeln zu beachten, darüber berichtet der Blogartikel.

 

 

Setzten wir uns früher zum Spass noch in die Passfotoautomaten, gern zu zweit, unvorteilhaft grinsend bis zum stets überraschenden Blitzen, um danach minutenlang auf die Gangsterportraits zu warten, die nach einer gefühlten Ewigkeit noch warm aus dem Apparat kullerten..., so sind wir heute weit unabhängiger - Smartphone, langer Arm und Social Media sei Dank - ein Selfie ist eine Sache von Sekunden.

 

"Ein Selfie ist eine Art Selbstporträt, üblicherweise mit einer Digitalkamera oder einem Smartphone von der eigenen Hand aufgenommen. 

Selfies sind oft mit sozialen Netzwerken verbunden, wie zum Beispiel mit Facebook, Snapchat oder Instagram. Selfies werden mit einer auf Armeslänge gehaltenen oder auf das eigene Spiegelbild gerichteten Kamera aufgenommen und bilden eine oder auch mehrere Personen ab."

Dies die Wikipedia-Definition.

Selfie war das englische Wort des Jahres 2013.

 

Selfies sind unter Jugendlichen so präsent und alltäglich, dass Erwachsene, die nicht täglich mit Heranwachenden zu tun haben, staunen. Doch ist diese Bildgattung tatsächlich purer Narzismus? Schon länger wird der Selfie-Hype in Feuilltons misstrauisch und skeptisch beäugt. Die Redaktion SRF digital ist diesem jugendlichen Phänomen deshalb nachgegangen und publiziert 5 Pro-Argumente. Ihr Fazit: Selfies sind oft die ehrlichere Art, Bilder zu schiessen und dem Schnappschuss sogar überlegen.

Selfies sind zweckgebunden und wollen durch ihre Verbreitung via Soziale Netzwerke eine Reaktion einfordern. Das stellt Attila Gaspar, Geschäftsleiter der Basler Medienfalle im Artikel der Tageswoche fest. Dies kann eine Bewertung sein, ein Kompliment, ein Signal der Kenntnisname oder eine Antwort in Form eines weiteren Bildes. Damit wird das Selfie zur Nachricht, zu einer kleinen Geschichte im Bild. Es geht darum, sich selber zu entdecken, in verschiedene Rollen zu schlüpfen, verschiedene Facetten von sich selber aufzuzeigen und dabei in der Peergroup zu reüssieren.

 

Selfies sind Ausdruck der Selbstbestimmung Jugendlicher 

Davon ist Philipp Wampfler, Gymansiallehrer und Medienpädagoge im Interview überzeugt und antwortet auf die Frage nach dem Zusammenhang von Bildungsstand und der Motivation, sich mit Selfies selbst zu inszenieren:

 

"Es hängt eher mit dem Selbstbewusstsein zusammen. Ist es noch nicht gefestigt, sind Selfies eine Möglichkeit, Anerkennung zu erlangen. Selfies haben jedoch auch noch eine andere Dimension. Sie stellen eine Art Tagebucheintrag dar. «Ich habe das erlebt. Ich war dort. Ich habe jene Personen angetroffen. Das sind meine besten Freunde.» So wie wir früher stapelweise Passfotos mit uns herumtrugen. Und schliesslich sind Selfies Ausdruck der Selbstbestimmung. Dadurch, dass man sich selbst fotografiert, hat man die Kontrolle darüber, wie man öffentlich wahrgenommen wird."

 

Selfie - ein Thema für den Unterricht?

Unbedingt!

Selfies spielen in sozialen Netzwerken eine prominente Rolle, denn oftmals werden für die Profilbilder auf den Plattformen Selfies gewählt. Da es genau diese Bilder sind, die öffentlich bleiben, d.h. von allen gesehen werden können, lohnt es sich, einmal darüber nachzudenken, wie ein perfektes Selfie daherkommt. Unterlagen dazu gibt es auf diesem Link. 

 

In einer Zeit, in der 96% aller Jugendlichen über ein Smartphone verfügen, ist es verantwortungslos, den Umgang damit NICHT in der Schule zu thematisieren.

Ausserdem: Diskussionen in der Klasse über Selfies sind sehr ergiebig! Einerseits haben die Jugendlichen teilweise sehr kreative Selfie-Ideen, andererseits sind sie in ihren Urteilen oft fadengrad und knallhart. Die Selbstdarstellung im Netz ist aus ihrer Sicht auch nichts Ungewöhnliches, sondern erleichtert soziale Interaktionen. Unser Einfluss sollte also darauf abzielen, dass diese Präsentation positive Eigenwerbung und eine autorisierte Freigabe von ausgewählten, vorteilhaften Informationen ist. Auch im Netz gilt: Der erste Eindruck zählt - erst recht, wenn er in Bildform daherkommt. 

 

Das Profilbild und seine Wirkung sind denn auch ein Kernthema im Workshop "Mein Auftritt im Netz", den alle Erstklässler der Oberstufe Sternmatt 2 besuchen.

 

Download
Medienkompetenz im Schulalltag
Broschüre 2014, herausgegeben vom nationalen Programm zur Förderung von Medienkompetenz
Broschüre_Medienkompetenz_im_Schulalltag
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Doch zurück zu den Selfies und den mitunter recht eingetümlichen Varianten und Spezialformen: 

  • Gruppenselfie: Jungs in coolem Rudel oder aufgebrezelte Mädels im Ausgang - je nach Armlänge oder technischer Unterstützung passen auch grössere Horden auf das Bild. Schaffen es deine SuS, die ganze Klasse auf ein Selfie zu kriegen? Eine witzige Challenge für Ausflüge und Lagerwochen.
  • Nacktselfie: auch Nudie genannt, nicht empfehlenswert, aber dennoch immer wieder in den Schlagzeilen. Gerade unter jüngeren Schülerinnen und Schüler geistert herum, dass mit Selfie zwingend Nacktbilder gemeint sind. Das ist natürlich völlig falsch.
  • Drelfie: auch drunken Selfie genannt, erklärt sich bereits durch den Namen und ist zur Veröffentlichung total ungeeignet. 
  • Spiegelselfie: ist die beliebteste Möglichkeit, sich selber - wenn auch seitenverkehrt - in einem Ganzkörperselfie darzustellen. Immer im Bild: die Kamera.
  • TierselfieTiere können in eine Fotofalle laufen, die ein Fotograf aufgestellt hat und durch eine Lichtschranke auslösen lässt. Ob man von einem Selfie sprechen will, dürfte in den meisten Fällen fraglich sein, da das Tier in der Regel das Bild nicht bewusst auslöst oder sich selbst darstellen möchte.

Im August 2014 haben die Medien die Frage behandelt, wer die Urheberrechte besitzt, wenn ein Affe eine Kamera auslöst. Grund dafür war eine Reihe von Bildern von einem Schopfmakaken, die der Affe selbst gemacht hatte. Allgemein geht die Rechtsprechung davon aus, dass das Urheberrecht die menschliche Kreativität schützen soll, nicht die von anderen Affen. Die Bilder waren 2011 von David Slater ins Internet gestellt worden. Gemacht hatte sie ein weiblicher Schopfmakake im Dschungel von Indonesien, als Slater seine Kamera auf einem Stativ abgestellt hatte.

 

Weiterlesen: Urheberrechtsfragen bei Tierselfies

Zur Vertiefung:

Download
Ich im Netz
Selbstdarstellung im Netz - Forschungsbericht
Ich_im_Netz_Bericht_09012014_FINAL.pdf
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Kommentare: 1
  • #1

    Beat Küng (Donnerstag, 04 September 2014 16:28)

    Einmal mehr eine tolle Zusammenstellung zu einem aktuellen Thema! Vielen Dank für deine Arbeit und herzliche Grüsse aus dem Zentrum Medienbildung, PHLU.